Taube

Meine Firma / DDR-Zeit

Die Geschichte meiner kleinen, aber doch recht erfolgreichen Firma über die vier Jahrzehnte

Die Überschrift sagt uns, dass ich hier mit dem 1. Januar 1985 beginnen könnte.
Mit dem Datum, das als offizieller „Start“ in meine berufliche Selbstständigkeit auf meiner Gewerbeerlaubnis stand. 

… nun aber alles beginnt erst einmal ganz klein, alles beginnt mit einem Samenkorn!

Mein Vater Jahrgang 1917, schwer verwundet aus dem Krieg kommend, arbeitete sein ganzes weitere Leben als Fernmeldetechniker im Fernmeldeamt Wittenberg in einer verantwortungsvollen Position. Schon als Vorschulkind nahm er mich nicht selten mit zum Dienst und  zeigte mir immer wieder im großen Wählersaal der Vermittlungsstelle die für mich „geheimnisvollen Dinge“, die da surrten und brummten. Gut erinnere ich mich, dass er mich oft hochhob, damit ich auch Funktionsgruppen beobachten konnte, die aus meiner Sicht noch verborgen waren. Dazu war für mich sein Arbeitsplatz in der Werkstatt immer von besonderem Interesse. Da gab es bei seinen elektrischen und auch den dazugehörigen feinmechanischen Arbeiten im Laufe der Zeit unendlich viel zu sehen und unbewusst für mich auch viel zum Lernen. Natürlich regten mich alle Beobachtungen auch zu eigenen Überlegungen an. Oft durfte ich mich auch aus einer Schrottkiste mit verschiedenen Materialien, Draht- und Kabelresten bedienen. Das waren für mich immer „wirkliche Kostbarkeiten und Schätze“, die mich dann auch später in meiner gesamten Schulzeit zum Basteln anregten.
Schon zeitig lernte mir mein Vater sauberes Löten. Dazu beschaffte ich mir während meiner Schulzeit selbst  auch anspruchsvollere Materialien, die ich für elektronische Arbeiten in meiner Freizeit benötigte. So entstanden mit der Zeit einige Telefone für Haustelefonanlagen, verschiedene elektronische Gerätschaften, meterweise zarte Lichterketten für die Weihnachtsdekoration  und einfache Rundfunkempfänger für den MW-Bereich, an denen ich ganz besondere Freude hatte. Für mich war schon als Kind klar, ich werde mich beruflich auch damit beschäftigen, womit mich mein Vater unauslöschlich von Anfang an schon begeistert hat - so ist es dann für mich natürlich auch gekommen!

In großer Dankbarkeit für mein gesamtes Leben behalte ich auch unsere liebe, immer treusorgende Mutter - Jahrgang 1924 - in Erinnerung! Sie hatte nach ihrer Schulzeit in der Buchhaltung gelernt. Nach einer kurzen beruflichen Pause wegen uns Kindern, war sie durchweg bis ins 68. Lebensjahr Schulsekretärin in einer Wittenberger Schule. Ich bin Jahrgang 1951. Ein gutes Jahr später kam dann auch noch mein Bruder Reinhard in unsere Familie. Sie war es, die mir ganz besonders in meiner Schulzeit und dann auch im weiteren Leben sehr viel half. Meiner Mutter habe ich unendlich viel für mein ganzes Leben zu verdanken!

Nun heute fällt es mir leicht davon zu erzählen, dass ich erst einmal, besonders im 3. Schuljahr, nicht „die hellste Kerze“ in der Klasse war. Die Rechtschreibung, die Diktate und die damit verbundenen schlechten Noten wurden für mich plötzlich mein großes Problem! Alles andere war so weit in Ordnung. Aber allein die Erfahrung mit den schlechten Noten in der Rechtschreibung belastete meine kindliche Seele und damit auch mein Gemüt in dieser Zeit wirklich sehr - ich schämte mich! Geduldig war meine Mutter dabei immer an meiner Seite. Doch dieser „Knoten“ riss dann bald bei mir. Vieles wurde mir nun leichter und alles machte mir wieder ganz andere Lebens- und Schaffensfreude.

Nach meiner 3-jährigen Ausbildung als Fernmeldetechniker an der Betriebsakademie der Deutschen Post in Magdeburg begann meine berufliche Tätigkeit 1971 im Fernmeldeamt in Wittenberg. Meine Ausbildung in Magdeburg machte mir wirklich sehr viel Freude, und es waren für mich interessante, abwechslungsreiche und schöne Jahre.
Es war mir dann noch vergönnt, ein paar wenige Jahre mit meinem Vater täglich, aber in der Regel nicht direkt, im Fernmeldeamt Wittenberg arbeiten zu können. In der folgenden Zeit, bis zu meiner Selbstständigkeit 1985, konnte ich an eine Reihe weiterer Qualifizierungsmaßnahmen im Zusammenhang der Fernmeldetechnik und der Elektronik an den Betriebsakademien der Deutschen Post in Dresden und in Magdeburg teilnehmen. Für diese Angebote war ich immer sehr dankbar und nutzte natürlich auch meine Freizeit, nicht nur in diesen Jahren, zur autodidaktischen Arbeit in meinen Interessengebieten.

Ohne es wissen zu können, bahnte sich schon Ende 1969 für mich eine Lebenswende an. In der Zeit zwischen Weihnachten und dem neuen Jahr war ich zum ersten Mal zu Gast in der Sächsischen Schweiz. Es waren bitterkalte, schneereiche Tage. Ich hatte ein wohlig warmes, bescheidenes Quartier. Das bizarre, verschneite  Felsengebirge und die lieblichen Ortschaften mit der eigenen, ländlichen  Architektur faszinierten mich sehr. Es war der Anfang meiner nun lebenslangen, unauslöschlichen Begeisterung für diese herrliche Landschaft sowie für die dortige Heimatgeschichte, auch im Zusammenhang der Volkskunde, deren Menschen und der gesamten Natur!

Im Jahr 1970 ich erinnere mich. Es war in der warmen Jahreszeit ein Wochentag. Da kam ich zum ersten Mal, wohl rein zufällig nach Sebnitz - in die Kunstblumenstadt, am Rande der Sächsischen Schweiz.     

Nun fragt vielleicht inzwischen schon mal einer: „Was hat denn das alles mit deiner Firma zu tun?“ Ja aber wirklich sehr, sehr viel ...

Von Bad Schandau kommend, fuhr ich mit der einst sogenannten „Sächsisch-Böhmischen Semmeringbahn“ knapp 20 km nach Sebnitz. Es ging bis dahin durch das felsige Sebnitztal mit den sieben Tunneln. Kurz vor Sebnitz noch über zwei Viadukte aus Granitgestein, bis die Dampflokomotive den Zug auf dem Bahnhof, oberhalb des Stadtzentrums, zum Stehen brachte. Vom Bahnhof aus hatte ich nun den ersten Blick auf diese liebliche Stadt.

Blick auf Sebnitz
Blick auf Sebnitz

So war mein allererster Eindruck, als ich zu den Häusern im Stadtzentrum blickte und die anmutige, relativ kleine Kirche dort sah. Ich konnte auch sehen, wie an den Hängen die vielen, meist kleineren Wohnhäuser unregelmäßig mit ihren Gärten und teilweise mit kleinen Feldern, sicher für die Selbstversorgung und für etwas Vieh, verteilt waren.

Blick auf den Sebnitzer Marktplatz um 1970
Sebnitzer Marktplatz um 1970

Unten im Stadtzentrum bummelte ich über den Markt und durch die anliegenden kleinen Straßen. Im Stadtzentrum waren überwiegend stattliche, mehrstöckige Wohnhäuser, teilweise mit kleinen und größeren Betrieben und gleichzeitig ein Geschäft neben dem anderen. Was mir an diesem Wochentag ganz besonders auffiel und Erinnerung blieb, war das quirlige und aktive Leben der Sebnitzer Bevölkerung. Alle hatten ganz beschäftigt etwas zu tun. Unbewusst, aber für ein ganzes Leben, verliebte ich mich an diesem Tag in dieses kleine aber ganz besondere sächsische Städtchen.

Nun folgten in meinem Leben ein paar schöne Jahre in denen ich an freien Tagen zwar unregelmäßig, aber so oft es mir möglich war, zum Wandern und zum Kennenlernen meines lieb gewonnenen Felsengebirges mit der Eisenbahn in die Sächsische Schweiz fuhr.   

In dieser Zeit lernte ich eine Freundin kennen. Wir wurden uns einig, dass wir zukünftig ein gemeinsames Leben verbringen  möchten. Für mich ergab sich dadurch die wunderbare Möglichkeit, nach Hinterhermsdorf in die Hintere Sächsische Schweiz zu ziehen. Gemeinsam wohnten wir mit ihren lieben Eltern im elterlichen Haus. Aus dem gemeinsamen Leben mit der Freundin wurde es leider nichts. Aber trotz alledem behalte ich diese Zeit in sehr dankbarer Erinnerung! Ich wurde dort schnell heimisch und fand auch ohne Schwierigkeiten freundschaftliche Kontakte mit den Einheimischen, die bis heute halten. Und auch heute noch bin ich im Rahmen meiner Möglichkeiten aktives Mitglied im dortigen Heimatverein.

Natürlich war meine freundschaftliche Beziehung in Hinterhermsdorf der Grund, weshalb ich 1975 meine Dienststelle der Deutschen Post in Lutherstadt Wittenberg um die Versetzung zum Fernmeldeamt nach Pirna bat. Dieser Wechsel ging reibungslos, und ich wurde in Sebnitz, als Fernmeldetechniker im Außendienst, eingesetzt. Bei den Sebnitzern war ich nun der „Telefoner“. Ich fand mich auch durch die kameradschaftliche Unterstützung meiner Kollegen sehr schnell in der neuen Umgebung und mit den speziellen Befindlichkeiten der Sebnitzer Bevölkerung gut zurecht. Hinterhermsdorf ist von Sebnitz nur 11 km entfernt. So war es für mich auch eine sehr günstige örtliche Situation.

Die nun folgenden Jahre haben mich dort in der Hinteren Sächsischen Schweiz, in meiner neuen Wahl-Heimat, wirklich ganz besonders geprägt. Fast täglich war ich im Zusammenhang mit meinen Aufgaben im Außendienst, meist in den fernmeldetechnischen Ortsnetzen und in den Bereichen von Sebnitz und Hinterhermsdorf, unterwegs. Die vielen neuen Erfahrungen, die ständigen Kontakte mit den Menschen und vor allen Dingen meine  Beobachtungen in den vielen kleinen und größeren Betrieben der Stadt, der Umgebung und in der Wirtschaft überhaupt sowie natürlich auch im gesellschaftlichen Leben, gaben mir persönlich wirklich ständig wertvolle Impulse und Erkenntnisse. In jeder Arbeitswoche pulsierte das Leben hier. Die Sebnitzer Menschen gingen trotz so manchen wirtschaftlichen Schwierigkeiten in ihren Betrieben und anderswo mit Liebe und Interesse täglich fleißig  ihren beruflichen Aufgaben nach. Die daraus resultierenden positiven Ergebnisse und die im Verhältnis stehenden kleinen Erfolge in den vielen Bereichen in der Stadt und in der Umgebung, waren für mich nicht zu übersehen. Das vielfältige kulturelle und gesellschaftliche Leben war schon über Generationen in der Bevölkerung ganz besonders ausgeprägt und hielt auch schon immer so das private Leben der Menschen kameradschaftlich zusammen.   

Gar nicht besser konnte sich mein erster positiver Eindruck aus dem Jahr 1970 mit meinen täglichen Erfahrungen nun hier bestätigen! 

Doch wirklich schon lange schlummerte der heimliche Wunsch einer beruflichen Selbstständigkeit in mir ohne noch zu wissen, wo der „Weg dazu mal langgehen wird“. Meine grundsätzliche Wunschvorstellung war
„eigenverantwortlich und schöpferisch tätig zu sein“,
wo ich natürlich auch meine beruflichen Voraussetzungen idealer Weise in Anwendung bringen könnte. Durch meine tägliche Arbeit lernte ich alle Betriebe der verschiedensten Arten, Strukturen und Größen im Gebiet, nicht nur von außen sondern ganz besonders auch von innen kennen. Dominierend im gesamten Stadtgebiet war seit Generationen die in den Anfang der Siebziger verstaatlichte Kunstblumenindustrie. Die in ihrer Vielfalt nicht zu überschauende Produktpalette war in ihrer bezaubernden Schönheit ein Exportschlager Nr. 1 in unserer DDR bis zur Wende. Besonders interessierten mich aber dabei die vielen kleinen Betriebe. Sie gab es in verschiedenen Eigentumsformen und hatten in der Regel schon eine lange und erfolgreiche Vergangenheit. Das verschiedene Produktions- und  Dienstleistungsspektrum war groß, welches in den Jahren unserer DDR, so wie überall von der Bevölkerung, sehr nachgefragt war. Besonders fiel mir in den kleinen Betrieben auf, dass man unter den Voraussetzungen bei uns in der Republik, auch mit relativ bescheidenen Voraussetzungen qualitativ Hochwertiges produziert und mit relativ kleinen Räumlichkeiten dazu auskommen kann.

Treffend sagte schon 1786 der Pfarrer Götzinger aus Neustadt in Sachsen in seiner Sebnitzer Chronik: „Es sei eine hervorragende Gewohnheit der Einwohner, sie sind unternehmend, erfinderrisch, scharfsinnig.“

Wie wahr- diese Eigenschaften haben sich die Sebnitzer bis in die heutige Zeit bewahrt! Meine so sehr wertvollen Erfahrungen und Erkenntnisse aus diesen Jahren konnte ich nun bald in den folgenden Jahren erfolgreich für meine Vorhaben mit einbringen.      

Inzwischen hatte ich mich im wunderschönen sächsischen Felsengebirge gut eingelebt, kam wirklich super mit den Mitmenschen zurecht und hatte auch eine stabile persönliche Situation - ich wollte von dort nicht wieder weg!

Hinterhermsdorf
Blick von der Emmabank über Hinterhermsdorf und der herrlichen Felsenwelt

In Wittenberg stand mein elterliches Haus. Der Gesundheitszustand meines Vater, sicher auch zusätzlich verursacht von seinen schweren Kriegsverletzungen, machte mir langsam Sorgen. Es war 1981 ein Sonntagnachmittag. Ich war allein in Dresden unterwegs. Da schoss mir der unwiderrufliche Gedanke in den Kopf: „… ich gehe wieder nach Hause, nach Hause nach Wittenberg, in mein elterliches Haus!“ Der ursächliche Grund dieser Entscheidung war die Liebe zu meinen Eltern, die sicher mehr und mehr meine Hilfe brauchen würden. Alle meine Verbindungen und Beziehungen nach Hinterhermsdorf, Sebnitz und nach meinem  geliebten Dresden sowie der ganzen Umgebung könnte ich ja doch behalten und auch zukünftig so oft besuchen, so oft ich wollte - dies habe ich nun bis heute so gemacht!

Diese Entscheidung war für mein weiteres ganz persönliches  Leben, und für meine gesamte berufliche Weiterentwicklung, genau die Richtige. Diese günstigen äußeren Umstände dazu wie in Wittenberg, hätte ich in meinem Hinterhermsdorf nicht gehabt. Bis Ende 1984 arbeitete ich wieder in einer fernmeldetechnischen Dienststelle. Nun mit 33 Jahren, dann am 1. Januar 1985 konnte ich wie schon erwähnt, für mein gesamtes weiteres Leben, in meine berufliche Selbstständigkeit gehen. Meine eigene Firma, als Einzelunternehmen, war dann von mir gegründet! Doch bis dahin ist es noch ein kleiner Weg. Als ich 1981 wieder zurück in mein elterliches Haus kam, hatte ich gleich als sehr günstige Voraussetzung für meine nebenberuflichen Aktivitäten einen kleinen Kellerraum von 15 m² zur freien Verfügung. Sehr kleines Kellerfenster und keine Heizung, aber ein ideales Plätzchen mich nun mit praktischer Arbeit entfalten zu können. In meinen Sebnitzer Jahren hatte ich mich schon kontinuierlich, bei jeder sich ergebenen Gelegenheit, mit einer Vielzahl entsprechender Werkzeuge und kleinen Geräten für elektrotechnische- und feinmechanische Arbeiten ausgestattet. Ein alter Schreibisch diente mir als Arbeitsplatz und ein kleiner, verrosteter Kanonenofen im Kellerraum als Heizung.

Leider kannte ich meinen Vater schon immer mit einer mittelgradigen Innenohr- Schwerhörigkeit, die sich nach und nach zu einer an taubheitgrenzenden verschlechterte. Man stelle sich nun dabei seine jahrelange berufliche Situation in der Fernmeldetechnik vor. Doch tapfer hat er bis zuletzt sein Leben gemeistert. Organisiert war er schon Jahre mit einer Vielzahl anderer Betroffener im Gehörlosen- und Schwerhörigen Verband der DDR, in der Ortsgruppe Lutherstadt Wittenberg.

Diese Situation war für mich der finale Auslöser, mich mit dem Thema der elektronischen Hörhilfsmittel zu beschäftigen!

Es herrschte auf diesem Gebiet in der DDR für alle Betroffenen wirklich eine katastrophale Unterversorgung und für das, auch nur primitiv Vorhandene, kein organisierter staatlicher Service. Für eine mögliche Induktionsanlage zum Übertragen des Fernseh- und Rundfunktones zu den schon vorhandenen Hörgeräten wurde in der Mitglieder-Zeitschrift des Gehörlosen- und Schwerhörigen Verbandes mal eine „Bastelanleitung“ veröffentlicht. Natürlich konnte damit kein Mensch, der nicht eine fachliche Grundlage dazu hatte, erfolgreich für sich etwas anfangen. Auch war überall kaum an eine wirklich fachliche Reparatur, an den zu dieser Zeit in der DDR nur sehr primitiven Hörgeräten, zu denken.

Zuerst bekam mein lieber Vater im Rahmen meiner Möglichkeiten, in seiner überaus problematischen Situation, die noch mögliche Hilfe von mir. Das sprach sich in seiner Ortsgruppe des Schwerhörigenverbandes schnell herum.

Hörmittelberatung in der Ortsgruppe Wittenberg
Hörmittelberatung in der Ortsgruppe Wittenberg
mit Töchterchen Marlis

Nun wurde ich auch selbst in dieser Gemeinschaft aktiv. Was da sofort auf mich zukam, kann sich hier sicher jeder allein vorstellen!
Ich sah nun endlich für mich eine klare und die wunderbare Möglichkeit, mein berufliches Wissen und meine praktischen Fähigkeiten für die Verwirklichung meines Traumes zukünftig „eigenverantwortlich und schöpferisch“ tätig zu sein!

Im Rahmen meiner Möglichkeiten habe ich nun in der Freizeit an allen möglichen Dingen meiner hörbehinderten Mitmenschen Reparaturen durchgeführt oder auch z. B. nach individuellen Wünschen Kopfhöreranlagen angefertigt.

Die technische Verwirklichung einer induktiven Übertragung und damit die Möglichkeit des induktiven Hörens vom Fernseh- und Rundfunkton, für alle hörgeschädigten Menschen in unserer DDR, sah ich ab sofort als meine Herausforderung an. 

Erste Voraussetzung dazu war, die Entwicklung und eine serienmäßige Fertigung einer zweckmäßigen und praktischen Induktionsringschleife, notwendig. Diese sollte ganz einfach, in jedem Wohnraum zu verlegen sein. Dazu hatte ich aber kein geeignetes Kabelmaterial, 2 bis 3 paarig, 0,5 mm Adern- Querschnitt und ungeschirmt, schon gar nicht in der notwendigen Menge zur Verfügung. Ich erinnerte mich, wie ich schon als Kind beim Vater die Technologie zur Herstellung von Kabelbäumen für die fernmeldetechnischen Anlagen beobachten konnte. Ich baute eine spezielle  Spannvorrichtung. So entstand nach dieser Technologie und mit dem entsprechenden Adernmaterial die erste Induktionsringschleife mit der elektrischen, also induktiven, magnetischen Wirkung einer Spule. Diese Schleife hatte einen Umfang von 6,0 m, ein Anschlusskabel von 3,00 m mit Stecker und den notwendigen berechneten Anschlusswert von +/- 6 Ohm. Sie war gedacht zur einfachen Verlegung unter einen Teppich oder unter der Auslegeware. Ich entwickelte nun meine Technologie für eine zukünftige Serienfertigung zur Perfektion! Obwohl die Fertigung mit einer Reihe von ganz verschiedenen Arbeitsgängen in reiner Handarbeit verbunden war, entstand eine solche Induktionsringschleife in der Serienfertigung dann in 23 Minuten. Ab 1985 wurde ständig mit zwei Spannvorrichtungen gearbeitet und unsere Produktion verdoppelt.

Zeitgleich schrieb ich für meine Induktionsringschleifen ein Informationsblatt zu den Möglichkeiten der praktischen Verwendung, und ließ es drucken. Dazu ist zu erwähnen, dass in jenen Jahren in der DDR alle Erzeugnisse in der Rundfunk, Fernseh- und Phonotechnik sehr einfach miteinander kompatibel waren.
Das hatte den großen Vorteil, dass in der Regel bei der Verwendung meiner entwickelten Variante überall auf einen sonst noch zusätzlich notwendigen Hörschleifenverstärker verzichtet werden konnte.
Das Fernsehgerät wurde mit dem vorhandenen Rundfunkgerät und einem sogenannten Diodenkabel verbunden, welches im Lieferumfang war. Der Stecker meiner Induktionsringschleife kam in einen vorhandenen 2. Lautsprecherausgang. Mit der nun möglichen Tasteneinstellung am Rundfunkgerät diente dieses zuverlässig und regelbar als Hörschleifenverstärker.
Für jeden Hörbehinderten in unserer DDR arbeitete nun seine gewünschte Induktionsringschleifen-Anlage nun PERFEKT in ihrer Funktion!   

Es war in der DDR möglich, auch privat kleine Inserate für Produkte zu schalten. So bot ich erst einmal vorsichtig mein Informationsblatt, über die Möglichkeit einer häuslichen Induktionsanlage für unsere hörgeschädigten Mitmenschen, kostenlos an. Kurze Zeit später bot ich auch meine Induktionsringschleifen mit dem notwendigen Diodenkabel zum Kauf an. Die Resonanz war riesengroß! Um keine Probleme zu bekommen, meldete ich mich artig beim Finanzamt, beim Rat des Kreises und bei der SVK in Halle. Bei der SVK ging es mir auch besonders um eine klare Regelung für die ständig anfallenden Reparaturen von Hörgeräten. Die Behörden konnten nun aus ihrer Sicht „nicht  viel mit mir anfangen“ und ließen mich in Ruhe arbeiten! Man sprach dort „vom Teilgewerbe“. Ein richtiges „Papierchen“ bekam ich dazu nicht. Um aber doch zusätzlich sicher zu gehen, beantragte ich bei der entsprechenden Behörde in Leipzig  ein „Preisblatt“ für meine Erzeugnisse und bekam diese auch problemlos ausgestellt.

Nun hatte ich in meiner Freizeit mit der Fertigung meiner Induktionsanlage, dem Zubehör und mit dem Versand voll zu tun. Dazu kamen täglich aus der ganzen Republik Bitten um ein kostenloses Informationsblatt. Im Rahmen meiner Möglichkeiten wurde jede Anfrage, jeder Wunsch von mir zuverlässig beantwortet oder erfüllt, und ich bekam dazu sehr viel dankbare Resonanz zurück.

Arbeitsbesprechung mit dem Bezirksvorstand Halle
Arbeitsbesprechung mit dem Bezirksvorstand
Halle des Schwerhörigenverbandes
in unserem Arbeitsraum

Von Anfang an versuchte ich auch, mich in der gesellschaftlichen Arbeit beim Zentralvorstand des Gehörlosen- und Schwerhörigen Verbandes der DDR in Berlin mit einzubringen. Gern übernahm ich auch vor meiner beruflichen Selbstständigkeit die „Hörmittelberatung“ bei den Bezirksvorständen in Halle und Dresden und war dort auch oft bei den Beratungen anwesend.

Das Diakonische Amt der Ev. Kirche in Dresden bat mich auch in dieser Zeit um die Mitarbeit in der Schwerhörigen- Seelsorge. Auch hier kam es zu einer fruchtbringenden Zusammenarbeit, und zusätzlich bekam ich dabei wertvolle Impulse. Ganz engen Kontakt hielt ich natürlich bis nach der Werde mit meiner Ortsgruppe des Verbandes in Wittenberg. Die Gruppe löste sich dann 1990 in der bisherigen Form auf.

Ich bemerkte langsam, dass staatliche Stellen der DDR in verschiedener Weise positiv auf meine Arbeit aufmerksam wurden. Ich erlebte Ereignisse, in denen man mich als „Privatmensch“ mit meinen beruflichen Initiativen für unsere Gesellschaft positiv für unseren Sozialismus in der Öffentlichkeit vorstellte.

1984 wurde ich beim Rat des Kreises zu einer Besprechung in der Abteilung der Örtlichen Versorgungswirtschaft in Wittenberg eingeladen. Ohne, dass ich dazu von mir aus einen Anlass gegeben habe, sprach ein leitender Mitarbeiter zu mir den bedeutungsvollen Satz von ganz allein aus:
„Wenn Sie möchten Herr Schmidt, können Sie sich selbstständig machen!“

Schon bevor meine berufliche Selbstständigkeit offiziell am 1. Jan. 1985 begann, bekam ich eines Tages, gegen 7:00 Uhr früh, einen überrachenden Anruf aus dem „Funkwerk Kölleda“. Ein leitender Ingenieur sagte zu mir: „Herr Schmidt, wir haben gehört, dass Sie … Wir wurden auch vom Zentralvorstand des Gehörlosen- und  Schwerhörigen Verbandes und von der SVK der DDR aufgefordert Induktionsschleifen zu fertigen. Das passt uns aber nicht in unser Programm. Können Sie diese Anforderung von uns übernehmen?“ Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Wenige Tage später bin ich mit der Eisenbahn nach Kölleda gefahren und dieser Kollege übergab  mir die notwendigen Papiere sowie auch die technischen Unterlagen zur Fertigung einer zweiten Variante der Induktionsringschleifen. Diese hatte einen Umfang von 16,0 m. Darin eine spezielle Kupplung zur praktischen Trennung beim Verlegen in den Räumen. So auch wie meine Variante, ein Anschlusskabel von 3,0 m und ein Anschlusswert von 6,0 Ohm. Auch mein geplantes Leitungsmaterial konnte für die „Kölleda- Variante“ bei der Fertigung in Anwendung kommen. Die technologische Umsetzung war für mich kein Problem. Nun wurden bei mir beide Ausführungen hergestellt und fanden in den unterschiedlichen räumlichen Voraussetzungen der Benutzer ihre  Verwendung. Der offizielle Beginn meiner Selbstständigkeit war nun schon abzusehen. So bekam ich zur Lieferung meiner Induktionsringschleifen an den Zentralvorstand des Gehörlosen- und Schwerhörigen Verbandes der DDR sowie für die Reparaturen an den Hörgeräten unserer Mitmenschen von der Sozialversicherung der DDR einen Vertrag auch zur Abrechnung meiner Leistungen.
Mit diesem Vertrag und mit meinen Erzeugnissen hatte ich ein „Alleinstellungsmerkmal“ bis zur Wende  in unserer Republik!
Der Verteilungsschlüssel mit den monatlichen Stückzahlen unserer Induktionsringschleifen wurde uns vom Zentralvorstand in Berlin vorgegeben. Zuverlässig erfüllten wir bis Anfang 1990 immer diese Vorgaben.

Einfahrt zur Firma
Einfahrt zur Firma

Am 1. Januar 1985 hatte nun damit mein „Start“ in die offizielle berufliche Selbstständigkeit einen problemlosen Übergang. Meine Arbeitsbedingungen im Kellerraum waren im Rahmen meiner bescheidenen Möglichkeiten inzwischen schon verbessert. Die planmäßige Serienfertigung meiner vertraglich festgelegten Induktionsringschleifen stand als erste verbindliche Aufgabe vor mir.

Erster Arbeitsplatz - so ging es los
Erster Arbeitsplatz - so ging es los
In Dankbarkeit, Zuversicht und voller Optimismus ging ich an mein Werk! Natürlich war mir von Anfang an klar, dass ich das Ganze praktisch nicht allein schaffen kann und weitere neue Erzeugnisse im Zusammenhang mit dem induktiven Hören hatte ich für die Zukunft auch schon längst im Kopf.

Durch einen ganz unwahrscheinlichen aber wunderbaren Zusammenhang, den man so wirklich nur einmal erleben kann, meldete sich sehr bald telefonisch meine Kollegin Rosi als Mitarbeiterin bei mir und wenige Tage später begann für die nächsten vier Jahrzehnte unsere gemeinsame Arbeit!
Etwas später versprachen wir uns dann: „Das Licht in der Firma werden wir einmal gemeinsam ausmachen!“
 … und genau so ist es dann auch Anfang 2023 gekommen.
Nun muss ich es an dieser Stelle ganz einfach einmal sagen: Wir beide sind für diese fast vier Jahrzehnte, die wir gemeinsam in der täglichen Arbeit mit unseren vielen Mitmenschen erleben konnten, sehr, sehr dankbar!

Wenige Zeit später fand auch eine zweite Kollegin für die nächsten Jahre ihre Arbeit bei uns. Die Fertigung unserer Induktionsringschleifen lief problemlos, und wir haben dabei auch alle privaten Bestellungen DDR-weit laufend zuverlässig ausgeliefert.

Als nächstes mussten meine Arbeitsräumlichkeiten erweitert werden. Ich wollte doch nun auch weitere Produkte zum induktiven Hören als DDR-Neuheiten entwickeln und dafür mussten zuerst die räumlichen und technologischen Voraussetzungen für eine Serienfertigung geschaffen werden.

Unser Haus war ursprünglich schon so gebaut, dass die Kellerräumlichkeiten eine relativ hohe Deckenhöhe hatten und dass das Haus auch sehr gut von unten isoliert war. Dies waren schon optimale Voraussetzungen für weitere Überlegungen und für die Planung. Erst einmal kam ein Nebenraum dazu, indem eine tragende Wand entfernt wurde. Diese wurde durch Träger statisch ersetzt. Der in den Räumen vorhandener Fußboden wurde so tief es vom Fundament des Hause her möglich war ausgehoben und dann erneuert. So wurde zusätzlich eine angenehmere Raumhöhe möglich. Die Kellerräume hatten an der Längsseite des Hauses nur kleine Kellerfenster. Dort sollten nun aber entsprechend große Fenster eingebaut werden, um unserer Arbeitsräumlichkeiten freundlich und angenehm hell erscheinen zu lassen. Das hatte aber wieder die Notwendigkeit, das Erdreich an der Längsseite außerhalb des Hauses tief und umfänglich großzügig zu entfernen und diese Ausschachtung dann auszumauern. Um das ganze Material für unsere Umbauarbeiten zu besorgen, startete ich oft in meiner ganz persönlichen Art und Weise abenteuerliche aber erfolgreiche Unternehmungen! Ein schöner Kachelofen wurde uns zu dieser Zeit auch mit eingebaut und später dann durch eine Zentralheizung im ganzen Haus ersetzt. Im Jahr 1988 wurde auch großzügig von uns noch ein dritter Raum im Kellergeschoß als Arbeitsräumlichkeit zweckmäßig und freundlich umgebaut und ausgestattet. Als Ergebnis hatten wir nun 43 m² für unsere produktive Arbeit zur Verfügung. Im Übrigen gab der Vorraum in dieser unteren Etage durch eine Trockenbauwand noch die  Möglichkeit her, unser Materiallager und  ein Archiv einzurichten. Mein „Büro“ in der DDR-Zeit war ein etwas größerer Schreibschrank im Wohnzimmer. Ausgestattet mit einer tschechischen Reiseschreibmaschine meiner Mutter und mit einem Taschenrechner für 24,00 DM aus dem Intershop. Hierzu reichte mein weniges Westgeld gerade mal zu.

So gut wie die gesamte Erstausstattung in unseren Arbeitsräumen war Marke „Eigenbau“. Dazu gehörten die Arbeitsflächen, Regale, Werkzeugschränke, zum großen Teil auch die elektrische Ausstattung usw. Einzeln und zu dieser Zeit in der DDR illegal, beschafften wir uns aus dem „Bevölkerungsbedarf“ nach und nach zusätzlich einige gleiche Hängeschränke. Dazu ging jedes Mal ein anderer von uns „einkaufen“.   

Heute ist das alles für uns selbst kaum noch vorstellbar. Alle Umbaumaßnahmen erledigte ich mit meinen tüchtigen Kolleginnen, zeitweise unter wirklich widrigen Bedingungen, zusätzlich zu unserer normalen Arbeit. Wo es nicht anders ging, hatten wir auch sehr liebe Freunde und tüchtige Handwerker zur Hilfe. Beim Bewältigen der anfallenden Erdmassen mit der Schubkarre bekam ich es einmal so in den Rücken, dass es für mich nicht mehr ging. Da holte ich mir für einige Zeit zwei Soldaten von der Sowjetischen Kommandantur in Wittenberg zur Hilfe. Auch das klappte problemlos und den Beiden ging es bei uns so richtig, richtig gut!

Bis in das Jahr 1989 war für uns alle das Leben in gewohnter Weise geprägt. Keiner von uns dachte an die „Wende“. Wir arbeiteten alle als „gelernte DDR-Bürger“ so wie gewohnt kreativ, erfinderisch und damit auch erfolgreich. Jene ganz normale Situation in dieser Zeit war auch die Grundlage für mein Weiterdenken. Meine Induktionsringschleifen sollten ja nur erst einmal ein erfolgreicher Anfang sein.

Unsere ersten fünf Jahre meiner Selbstständigkeit waren in den DDR-Jahren zwischen 1985 und 1989. Zusammenfassend möchte ich meine Entwicklungen und damit unsere Erzeugnisse in dieser Zeit kurz darstellen:

  • Induktionsringschleifen (In verschiedenen und individuellen Ausführungen.)
  • HdO-Induktionsplatten (Einfache und damit praktische Verwendung ohne Hörschleifenverstärker aber mit Anschlusskabel zum Sitzplatz oder zum Bett der Hörgeräteträger.)
  • Hörschleifenverstärker (NF-Verstärker für Induktionsringschleifen- Anlagen.)
  • Induktionskissen (Größe 40 X 30 cm, zusätzlich mit Schaumstoff gefüllt, Verwendung wie HdO- Induktionsplatte.)
  • Induktive Hörkapsel für die Telefone der DDR-Produktion (Diese Entwicklung erfolgte auf meinen Vorschlag noch vor der Wende mit dem Fernmeldewerk Nordhausen und kam bei uns durch die Wende leider nicht mehr in die Fertigung. Zwei Funktionsmuster davon sind bei mir vorhanden.)
  • Verschiedenes Zubehörmaterial (Individuelle Verbindungskabel und Adapter)
  • Sporadisch wurden von uns auf Wunsch von Gemeinden in diesen Jahren 8 komplette Induktions-Anlagen in Kirchen installiert.

Die Produktion, das Bearbeiten der einzelnen Bestellungen und das tägliche Versenden unserer Erzeugnisse mit der Post prägten hauptsächlich unsere Arbeitszeit. Donnerstags hatten wir zusätzlich den ganzen Tag eine Sprechzeit für die Öffentlichkeit eingerichtet. Oft kamen auch Menschen einfach so zwischendurch. Auch dann blieb bei uns niemand vor der Tür stehen. Meine spezielle Aufgabe bestand natürlich in der gesamten Zeit auch darin, unsere  Erzeugnisse für eine Serienfertigung zu entwickeln. Diese Arbeiten hatten für mich einen besonderen Reiz. Es war immer ein Erfolg und ich war auch etwas stolz darauf, wieder ein neues Erzeugnis für unseren hörgeschädigten Mitmenschen in der Republik geschaffen zu haben!

Am aufwendigsten und kompliziertesten war die Entwicklung der HdO-Induktionsplatte. Die äußere Gestaltung musste erst einmal der anatomischen Form eines menschlichen Ohrs angepasst werden. Eine Versuchs-Guss-Form war zu schaffen.

Zur Verarbeitung des Zwei-Komponenten-Epoxid-Materials mit der Mischung eines Farbstoffes und das damit verbundene gesamte Materialverhalten erforderte eine Reihe sogfältiger Versuche. Eine spezielle Art von Spule war für die Serienfertigung der Induktions-Platte notwendig. Diese flache Spule musste einen Durchmesser von 9,0 mm und eine Dicke von 2,0 mm haben und dazu ohne Kern und Gehäuse gefertigt werden. Die Adernstärke des Spulenmaterials war für den notwendigen Anschlusswert, von 6,0 Ohm zu  berechnen. Genau nach meinen Vorgaben fertigte uns ein Werkzeugmacher dazu eine kleine Spulenwickelmaschine. Das Besondere dann bei der Herstellung einer einzelnen Spule war, dass schon beim Wickelvorgang, die normaler Weise in sich haltlose „Spule“, mit einem Speziallack gleichmäßig verklebt wurde und damit in sich festen Halt fand.

HdO-Induktionsplatte
DDR-Neuheit! Ansicht einer HdO-Induktions-
platte aus unserer Fertigung

Als alle Vorbereitungen abgeschlossen waren, stellte uns dieser Werkzeugmacher-Kollege noch drei Gussformen aus Edelstahl mit je acht Kammern für die Serienfertigung her. Damit war es uns dann möglich, rationell je vierundzwanzig unserer HdO-Induktionsplatte, einschließlich Inhalt und Anschlussleitung gleichzeitig zu gießen.

Weniger aufwendig dagegen waren die Vorbereitungen zur Serienfertigung unserer Hörschleifen-Verstärker mit einer Ausgangsleistung von 5 W. Alle notwendigen Bauelemente, einschließlich der Leiterplatten, der Gehäuse und der Netzteile, konnten wir schon zu dieser Zeit fast problemlos vom Elektronik-Versand aus Wermsdorf beziehen. Herzstück war der Schaltkreis  IC A210. Wir haben nur noch bei uns die Leiterplatten mit den einzelnen Bauelementen bestückt, fein säuberlich verlötet und die Geräteteile verschraubt und zusammengesetzt.

Grundsätzlich habe ich in den Jahren vor der Wende mit allen Materialien und Arbeitsmitteln, einschließlich des Verpackungsmaterials, einen Vorrat für ein halbes Jahr gehalten. Geduldig musste jede neue Lieferung abgewartet werden. Nie entstand in den Jahren von 1985 bis Anfang 1990 wegen eines Mangels in unserer Produktion ein Stillstand und wirklich nie ist eine Reklamation für ein Erzeugnis aus unserer Fertigung bei uns eingegangen!  

Selbstverständlich waren für mich nun auch erst einmal bis zur Wende die Kontakte mit unseren Mitmenschen und Partnern wichtig. So gut wie immer war ich bei den Mitgliederversammlungen unserer Schwerhörigengruppe in Wittenberg mit anwesend. Direkten Kontakt hielt ich mit dem Zentralvorstand des Gehörlosen- und Schwerhörigen Verbandes in Berlin sowie mit den einzelnen Bezirksvorständen in unserer Republik. Oft hatte ich auch, besonders bei den Bezirksvorständen in Halle und Dresden, sinnvolle Gespräche. Die Diakonie der Ev. Kirche in Dresden nahm im Zusammenhand der Schwerhörigenseelsorge“ - wie schon gesagt - in der Vorwendezeit auch mit mir Kontakt auf. Verschiedene Projekte erledigten wir kooperativ miteinander. In diesem  Zusammenhang wurde ich, kurz vor der Wende, auch zu einer einwöchigen internationalen Konferenz für die „Schwerhörigenseelsorge“ nach Potsdam-Hermannswerder eingeladen. Natürlich war es für mich in den Vorwendejahren sehr wichtig, auch mit meinem Hauptvertragspartner, der Sozialversicherung der DDR, eine gute und einvernehmliche Beziehung zu halten! 

In großer Dankbarkeit möchte ich nun zurückblickend sagen, dass die Jahre zwischen 1985 und 1990 ganz besonders wertvoll in meinen Leben waren!

Gemeinsam mit meinen fleißigen und immer zuverlässigen Kolleginnen haben wir in unserer damaligen DDR den hörgeschädigten Mitmenschen das induktive Hören der Fernseh- und Rundfunksendungen technisch flächendeckend mit tausenden Induktionsanlagen möglich gemacht.


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